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Nahe Zeitung vom Dienstag, 22. Oktober 2013

Sachliche Diskussion über Meinungsgrenzen hinweg

Bei Bürgerversammlung in Leisel geraten sich Gegner und Befürworter nicht in die Haare – Gemeinderat entscheidet im November

Groß war wieder einmal das Interesse an der Bürgerversammlung in der Leiseler Vereinshalle: Etwa 90 der rund 580 Einwohner des Dorfes waren gekommen, um sich vor allem über den letzten Stand in Sachen Nationalpark zu informieren, bei dem Leisel zu den direkten Anwohnergemeinden zählen würde. Die Entscheidung im Ortsgemeinderat pro oder kontra Nationalpark soll Ende November fallen. Allerdings wurde das brisante und emotional hoch besetzte Thema sowohl von Gegnern wie von Befürwortern, die sich in Leisel in etwa die Waage halten dürften, ruhig und sachlich diskutiert, die Atmosphäre war während der gesamten Versammlung sehr entspannt.

Dr. Harald Egidi, Forstfachmann aus dem Umweltministerium, und Forstplaner Claus-Andreas Lesander stellten noch einmal die wesentlichen Eckpunkte eines künftigen Nationalparks vor. Egidi machte dabei deutlich, dass neben dem Naturschutzgedanken auch wesentliche Überlegungen zur Strukturpolitik zum Tragen kommen. „In Rheinland-Pfalz driften die Ballungsgebiete und die Peripherie immer weiter auseinander“, erläuterte der Vertreter des Umweltministeriums. „Die Nationalparkregion würde zu einer Modellregion für die Entwicklung ländlicher Räume.“

Auch Verbandsgemeindebürgermeister Dr. Bernhard Alscher warnte zwar vor übertriebenen Erwartungen, zeigte sich aber dennoch überzeugt, dass das Nationalparkkonzept als Grundlage für eine Entwicklung der Region tauge und man dadurch zumindest auf eine vorrangige Behandlung bei der Realisierung von Projekten bauen dürfe. „Man wird bei der Finanzierung im Zweifelsfall an der Warteschlange vorbeiziehen“, meinte er optimistisch.

Diskutiert wurden vorrangig Einzelfragen wie der Umgang mit dem Borkenkäfer, die Jagd im Nationalpark oder die Entwicklung des ÖPNV im Zusammenhang mit dem Park. Skeptische Äußerungen gab es vor allem im Hinblick auf die verbesserten Fördermöglichkeiten von Projekten in der Nationalparkregion. Selbst bei einem hohen Förderanteil sei der Eigenanteil von 20 oder 25 Prozent für die Kommunen in der Regel nicht zu stemmen, so der Tenor der kritischen Stimmen. Kontrovers wurden auch die Chancen zur Vermarktung eingeschätzt. Auch hier, so meinten die Skeptiker, werde letztlich für eine effektive Werbung das Geld fehlen. Dem hielten die Befürworter entgegen, dass ein Nationalpark schon allein durch seine Existenz so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehe, dass auch mit wenig Geld große Wirkungen erzielt werden könnten. Bei der Frage, inwieweit die Anliegergemeinden innerhalb der regionalen Gremien ein größeres Mitspracherecht erhielten, meinte Alscher, dass von diesen anfänglichen Überlegungen nicht viel übrig geblieben sei. „Das Thema Nationalpark hat den Blick für eine übergreifende Struktur über die Gemeindegrenzen hinweg geöffnet“, hob Alscher die schon jetzt positiv wirkenden Effekte der Diskussion hervor. Auf die skeptische Frage eines Bürgers, ob es denn eine Garantie dafür gebe, dass bei einem Wechsel der Landesregierung das Projekt Nationalpark nicht einfach wieder einkassiert werde, versicherte Egidi: „Der Nationalpark ist dann gesetzlich fixiert, das ist der höchste denkbare Schutz. Es ist noch nie ein Nationalpark rückgängig gemacht worden.“

Nahe Zeitung vom Dienstag, 22. Oktober 2013, von Jörg Staiber