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Nahe Zeitung MONTAG, 2. MÄRZ 2020

Leisels grünes Tafelsilber verliert an Wert
Lokalpolitiker schauen trotz Sorge um die Entwicklung im Gemeindewald optimistisch in die Zukunft und haben für 2020 konkretes Ziel

„Wir sind ein Dorf, das sehr viel vorzuweisen hat. Aber wir haben auch ein Problem.“ So kurz und prägnant bringt der seit Sommer 2019 amtierende Ortsbürger- meister Karl-Heinz Bittig die aktuelle Situation in Leisel auf den Punkt.

In der Verbandsgemeinde Bir- kenfeld liegt der Ort, in dem rund 540 Menschen leben, auf Position vier der Einwohnerstatistik. Was den kommunalen Waldbesitz an- geht, ist er mit einer Fläche von 295 Hektar aber der unangefochtene Spitzenreiter. Doch trotz aller Bemühungen seitens der Mitarbeiter des Forstamts „macht uns die Entwicklung dort große Sorgen“, sagt Bittig. Die ausgeprägten Trockenperioden in der jüngeren Vergangenheit haben den Borkenkäfer prächtig gedeihen lassen. Neben dem Schädlingsbefall kommt im Leiseler Revier auch noch Windbruch hinzu, und ganz allgemein sind die Preise auf dem Holzmarkt in den Keller gerauscht.
Das bringt die Ortsgemeinde finanziell in die Bredouille, wie der Blick auf den jüngst vom Rat verabschiedeten Doppelhaushalt für
die Jahre 2020 und 2021 zeigt. Nach Auskunft von Lorenzo Warth von der Finanzabteilung der Birkenfelder VG-Verwaltung rechnen die Leiseler in ihrem Etat bei der Bewirtschaftung ihres Forstes nur noch mit einem jährlichen Überschuss von circa 3000 Euro.

Forsteinnahmen brechen ein
„Früher hat unser Wald ganz andere Gewinne abgeworfen. Da lag der jährliche Überschuss in der Regel zwischen 30 000 und 40 000 Euro. Auf der Einnahmenseite bricht uns also sehr viel weg“, stellt Bittig fest. Das ist nicht zuletzt auch des- halb bitter, weil die Überschüsse im Wald, der sozusagen Leisels grünes Tafelsilber ist, nicht umlagepflichtig sind. Sie bleiben also voll in der Gemeindekasse, während beispielsweise der allergrößte Teil der Steuereinnahmen an VG und Kreis abgegeben werden muss. Vorerst bleibt den Leiselern also nur die Hoffnung, dass sich die Probleme im Wald nicht weiter verschärfen und die Preise auf dem Holzmarkt wieder etwas anziehen.
Zunächst muss die Gemeinde aber damit leben, dass sie in ihrem Haushalt sowohl 2020 als auch 2021 Defizite einfährt. In diesem Jahr beträgt das voraussichtliche Minus, das sich aus dem laufenden Geschäft sowie aus der Investitionstätigkeit ergibt, bei rund 101000 Euro. Im nächsten Jahr sind es circa 121 000 Euro.

Wie viele andere Orte im Umland hat der Leiseler Rat im Zuge der Etatverabschiedung eine Erhöhung der Grundsteuer B für be- baute Flächen vorgenommen. Auch aufgrund entsprechender Aufforderungen der Kommunalaufsicht klettert der Hebesatz von 365 auf 400 Prozent. Bewusst haben die Leiseler Lokalpolitiker aber darauf verzichtet, auch Hand an die Gewerbesteuer anzulegen. Deren Hebesatz bleibt unverändert bei 370 Prozent.
Leisel kann nicht nur eine für ein Dorf dieser Größe beachtliche Zahl an Firmen aufweisen, „sondern auch unser Vereinsleben läuft noch sehr gut“, sagt René Dietrich. Der Erste Beigeordnete ist Bittigs designierter Nachfolger, weil dieser – wie das von Anfang an geplant war – zur Mitte der Wahlzeit sein Amt aus Altersgründen abgeben möchte.

In der Vergangenheit hat die Gemeinde Leisel – damals noch unter der Regie von Ortsbürgermeister Wolfgang Schüßler – viel getan, um die Infrastruktur und das Aus- sehen des Dorfs zu verbessern. So wurden mehrere Plätze neugestaltet und die Vereinshalle modernisiert. Jüngstes Großprojekt war die inzwischen abgeschlossene Erschließung des Neubaugebiets „Auf dem Krummenacker“. Das
hat die Gemeinde zwar rund 1 Mil- lion Euro gekostet, aber dies sei ei- ne sinnvolle Investition gewesen, sagen die Vertreter der Gemeindespitze, zu der auch der weitere Beigeordnete Rainer Lübke gehört, im NZ-Gespräch. „Die Nachfrage ist gut“, betont Bittig. Von den insgesamt 25 Bauplätzen, die zum Quadratmeterpreis von 49 Euro an- geboten werden, sind neun schon verkauft. Für zwei weitere Parzellen gebe es schon Interessenten in unmittelbarer Wartestellung, so der Ortschef. Vier Eigenheime stehen schon.

Bescheidene Investitionspläne
Angesichts der großen Investitionen in den zurückliegenden Jahren hat das Projektprogramm für 2020 und 2021 ein bescheideneres Volumen. Wichtig ist der Gemein- de in naher Zukunft vor allem der Substanzerhalt eines zentralen Ge- bäudes im Dorf. Die Renovierung und Modernisierung des Gemeinschaftshauses wird die Kommune laut Bittig insgesamt rund 30 000 Euro kosten. Dabei geht es unter anderem um die Sanierung des Daches der früheren Schule und um die bessere Abdichtung des Sockels am Gebäude, weil es an dieser Stelle Probleme mit eindringender Feuchtigkeit gibt. Auch ei- ne Erneuerung der Küche ist vor- gesehen. Um zu rasante Autofahrer auszubremsen, ist außerdem die Installation von zwei Geschwindigkeitsmessanlagen geplant. Die Anschaffung dieser Geräte kostet 3200 Euro. Sie sollen laut Dietrich an den Ortseingängen aus Richtung Schwollen beziehungsweise Wilzenberg postiert werden. Außer- dem sollen im Dorf, beispielsweise im Bereich der Bushaltestelle, Schilder mit der Aufforderung, we- gen Kindern langsam zu fahren, aufgehängt, und an einigen Nebenstraßen Tempo-30-Markierungen auf die Fahrbahn aufgetragen werden, so der Erste Beigeordnete. Schließlich haben sich die optimistisch nach vorn schauenden Gemeindepolitiker noch ein besonderes Ziel vorgenommen Nach einigen Jahren Pause will Leisel 2020 wieder am Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ teilnehmen.

Bittig wünscht sich ersten Platz
Mit den neu gestalteten Plätzen, dem intakten Vereinsleben, der Vielzahl an Firmen, aber auch der weithin bekannten, 2012 eröffneten„KleinenDorfwirtschaft“(KDW) wollen die Leiseler bei der Jury punkten. Bittig sagt jedenfalls: „Bei unseren bisherigen Teilnahmen sind wir immer auf Platz zwei gelandet. Diesmal wollen wir endlich auch mal Erster werden.“

Glasfaseranschluss für fast alle Haushalte
Beim kreisweiten Projekt zum Breitbandausbau ist Leisel im Ge- biet der VG Birkenfeld der Ort, in dem die meisten Haushalte und Firmen einen kostenlosen Glasfaseranschluss erhalten. Im Dorf gibt es insgesamt 212 sogenannte A- Adressen, darunter 25 Gewerbe- betriebe, die bisher mit einer Bandbreite von weniger als 30 Mbit pro Sekunde als unterversorgt gelten. Bei der Verlegung der Glasfaserkabel haben auch andere Haus- halte entlang der Trasse die sogenannten B-Adressen, unter besonderen Konditionen die Möglichkeit, sich an die schnelle Datenautobahn anzuschließen. Die genauen Modalitäten sind auf der Internetseite der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) des Kreises unter www.wfg-bir.de einsehbar. „Da wir im Neubaugebiet ohnehin schon Glasfaseranschlüsse verlegt haben, können wir nun durch das Projekt in Leisel eine fast flächendeckende Versorgung erreichen“, freut sich der Erste Beigeordnete René Dietrich. Auch die Kirche Heiligenbösch mit dem angeschlossenen Freizeitstätte erhält übrigens einen Glasfaseranschluss. Bei dem kreisweiten Projekt übernehmen Bund und Land 90 Prozent der Kosten. Der Eigenanteil der Ortsgemeinden beträgt 10 Prozent. Für Leisel bedeutet das einen Betrag von circa 660 00 Euro. Laut dem von der WfG angegebenen Zeitplan sollen die Bauarbeiten im Nationalparkdorf vom 1. August bis zum 31. Oktober über die Bühne gehen.

Nahe Zeitung MONTAG, 2. MÄRZ 2020, von Axel Munsteiner