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Nahe Zeitung vom Mittwoch, 26. Oktober 2016

Nicht alle Ortschefs sind gegen die Schutzzone
Umfrage Pläne der Bundeswehr gefährden Windparkprojekte in Leisel, Siesbach und Wilzenberg-Hußweiler – Reaktionen fallen unterschiedlich aus

Sollte die von der Bundeswehr geplante Einrichtung einer Schutzzone um die Verteidigungsanlage Idar-Oberstein den beabsichtigten Bau von insgesamt zehn Windrädern zum Scheitern bringen, wäre das nicht in allen der drei direkt betroffenen Orte Siesbach, Leisel und Wilzenberg-Hußweiler ein Grund zum großen Wehklagen. Der Siesbacher Ortschchef wäre dann zwar sehr enttäuscht, sein Kollege aus Wilzenberg-Hußweiler würde sich aber sogar über das Aus für die Windkraftpläne freuen, und dem Amtsinhaber aus Leisel wäre es im Grunde genommen egal, ob die Räder gebaut werden dürfen oder nicht. Das hat eine Umfrage der NZ ergeben.

Wie in unserer Zeitung berichtet, will die Bundeswehr verhindern, dass ein bereits bestehender Antennenmast auf dem Gelände der Rilchenbergkaserne, der sogenannte Link 16, in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt wird und es zu Störungen kommt. Deshalb spricht sie sich gegen das Aufstellen von hohen Bauwerken, konkret geht es dabei um Windräder, im Radius von acht Kilometern aus. In dieser Zone liegen jedoch die acht Anlagen, die auf dem Gebiet der Gemeinden Siesbach (6) und Leisel (2) geplant sind. Für diesen Windpark läuft zurzeit noch das Genehmigungsverfahren bei der Kreisverwaltung. Ebenfalls von den Plänen des Verteidigungsministeriums tangiert wäre der bereits genehmigte, aber noch nicht vollzogene Bau von zwei Windrädern auf Wilzenberg-Hußweilerer Bann, wobei sich die beiden Standorte auf den Flächen einer privaten Heckengesellschaft befinden.

Jung zeigt Verständnis

Joachim Jung ist Ortsbürgermeister von Wilzenberg-Hußweiler und zugleich Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) „Energiewende mit Vernunft“, die in der Vergangenheit den Windkraftkurs in der VG Birkenfeld wiederholt heftig kritisiert hat. Jung betont: „Wenn es sonst immer heißt, dass man einen Beitrag zur Energiewende leisten müsse, dann sollte man im vorliegenden Fall doch auch mal bereit sein, einen Beitrag für die Sicherheit unseres Landes zu leisten.“ Er zeigt somit volles Verständnis für die Forderung der Bundeswehr und wäre nicht traurig darüber, wenn diese den Bau der beiden Räder auf dem Höhenrücken in Richtung Nockenthal verhindern würde. Jung erinnert daran, dass sich der Gemeinderat Wilzenberg-Hußweiler schon vor seinem Amtsantritt 2014 gegen die Errichtung der zwei Anlagen auf privatem Grund ausgesprochen hatte, das fehlende Einvernehmen damals aber durch die Kreisverwaltung ersetzt worden war. Was Jung ärgert, ist die Stellungnahme der VG Birkenfeld, die die Pläne Bundeswehr in Bezug auf die Verteidigungsanlage Idar-Oberstein kritisiert hatte. „Von dieser Stellungnahme der VG distanziere ich mich. Sie berücksichtigt nicht die anderslautende Haltung mehrerer Ortsgemeinden“, sagt der Bürgermeister des Doppelorts, der darauf verweist, dass zum Beispiel auch Niederhambach die Bildung der Schutzzone befürwortet.

Wolfang Schüssler, der in Leisel die politischen Geschicke lenkt, sagt unserer Zeitung: „Ich habe in Absprache mit dem Gemeinderat nicht interveniert, als kürzlich nun auch die Sache mit der Schutzzone neu hinzugekommen ist.“ Das Verfahren zum geplanten Windpark Leisel/Siesbach laufe mittlerweile seit vier Jahren, ohne dass Klarheit darüber geschaffen wurde, ob die Räder genehmigt werden oder nicht. „Da wird man mit der Zeit ein Stück weit abgebrüht. Wir sehen das Ganze in Leisel sportlich und lassen alles auf uns zukommen. Wenn die Link-16-Anlage dazu führt, dass wir unsere Windräder nicht bauen dürfen, akzeptieren wir das. Wenn sie trotzdem erlaubt werden, ist das auch in Ordnung“, sagt Schüssler. Er betont, dass die Gemeinde in ihrem Etat zurückhaltend war und mit Blick auf künftige Projekte im Ort von vornherein nicht mit Einnahmen aus der Windkraft kalkuliert hat.

Storr ist auch vom Kreis enttäuscht

Dieter Storr, der Gemeindechef von Siesbach, macht hingegen klipp und klar deutlich. „Wir haben im Ort viele Dinge vor, zum Beispiel die Einrichtung einer Senioren-WG oder die Neugestaltung des Bürgerhausumfelds. Ohne das Geld aus der Windkraft wird es schwierig werden, diese Vorhaben zu finanzieren.“ Für Storr ist es „unbegreiflich“, warum die Bundeswehr nun die Ausweisung einer Schutzzone ins Spiel gebracht und plötzlich ihre Meinung geändert habe. Denn Storr weist darauf hin, dass die Bundeswehr in einer früheren Stellungnahme aus dem Jahr 2013 keinerlei Einwände gegen den geplanten Windpark Leisel/Siesbach geltend gemacht und erst jetzt ihre damalige Zustimmung zurückgezogen haben. Kritik übt der Siesbacher Ortschef aber auch an der Kreisverwaltung. „Wir sind im gesamten Rat sehr darüber enttäuscht, dass die Kreisverwaltung immer wieder versucht hat, die Entscheidung über die Genehmigung unserer Anlagen hinauszuzögern. Normalerweise müsste die Kreisverwaltung die Ortsgemeinden doch dabei unterstützen, ihre finanzielle Situation zu verbessern. Stattdessen hat man uns immer wieder Steine in den Weg gelegt.“ Nach seinem Kenntnisstand hat der Kreis in dem seit vier Jahren andauernden Genehmigungsverfahren nun für Anfang Dezember eine Entscheidung angekündigt. Storr schwant dabei nichts Gutes: „Ich fürchte, dass die Forderung der Bundeswehr nun für die Kreisverwaltung ein willkommener Grund sein werden, den Bau unserer Windräder abzulehnen.“

Nahe Zeitung vom Mittwoch, 26. Oktober 2016, von Axel Munsteiner