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Nahe Zeitung vom Montag, 22. August 2016

Die Hälfte der Parzellen ist schon verkauft
Haushalt Leisel soll wachsen - Gemeinde investiert 600 000 Euro in Erschließung eines Neubaugebiets mit 16 Grundstücken

Diesen Vermarktungserfolg können Gemeinden vorab nur selten verbuchen, wenn sie Platz für Häuslebauer schaffen wollen. Im 580-Einwohner-Ort Leisel werden zwar erst nächstes Jahr die Bagger anrollen, um mit der Erschließung des Neubaugebiets „Auf Krummenacker“ zu beginnen, doch die Kommune hat dort bereits jetzt für 8 von insgesamt geplanten 16 Grundstücken feste Kaufzusagen. „Es brummt also und zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind“, freut sich Ortsbürgermeister Wolfgang Schüssler.

Nachdem in der jüngeren Vergangenheit in Leisel der Fokus vor allem auf der Dorfinnenentwicklung lag und zum Beispiel im Ortskern mehrere schmucke Plätze entstanden sind und die Vereinshalle modernisiert wurde, ist das Neubaugebiet der wichtigste Punkt des Investitionsprogramms, das der vom Rat verabschiedete Doppelhaushalt 2016/2017 enthält.

Preis pro Quadratmeter: 50 Euro

Da die Kommune selbst an anderer Stelle in Leisel keine eigenen freien Bauplätze mehr zur Verfügung stellen kann, im Ortskern erfreulicherweise nur ein Leerstand zu verzeichnen ist und es ohnehin „nicht jedermanns Sache ist, ein altes Gebäude zu sanieren, um dort einzuziehen“, hatten Schüssler und der Rat nach den Anfragen der ersten Interessenten die bereits zu früheren Zeiten gemachten Pläne für ein Neubaugebiet „wieder aus der Schublade geholt“, wie es der Gemeindechef formuliert. Rund 600 000 Euro wird es kosten, um „Auf Krummenacker“ die neuen Straßen anzulegen und die zu den 16 Grundstücken führenden Kanal-, Wasser- und sonstige Versorgungsleitungen im Untergrund zu vergraben. Im Gegenzug hat die Kommune aber schon jetzt die Gewissheit, dass Einnahmen aus dem Verkauf der fest reservierten acht Parzellen in ihre Kasse zurückfließen. Die Gemeinde hofft aber selbstverständlich darauf, dass sie auch die andere Hälfte der Grundstücke im Lauf der Zeit an den Mann bringen wird. Sie hat zu diesem Zweck auch einen Flyer erstellen lassen, in dem sie die vielen Vorzüge von Leisel darstellt und für den Bau eines Eigenheims „Auf Krummenacker“ wirbt. Das Neubaugebiet wird „mitten im Grünen, aber nah am Dorf“ – so lautet der Werbeslogan auf dem Flyer – an einem sonnigen Südhang entstehen. „Von dort hat man dann auch einen schönen, unverbaubaren Blick in Richtung Nationalpark“, sagt Schüssler. Wichtig ist ihm auch der Hinweis, das alle Haushalte mithilfe eines Anschlusses durch Glasfaserkabel einen schnellen Zugang zum Internet haben werden. „Wir kalkulieren derzeit damit, dass wir die voll erschlossenen Grundstücke zum Quadratmeterpreis von 50 Euro anbieten können“, informiert der Ortschef. Mit dem Neubaugebiet und dem damit verbundenen Wachstum könnte sich in Leisel übrigens eine Entwicklung fortsetzen, die gegen den allgemeinen Trend läuft. Denn im Unterschied zu vielen anderen Orten im Kreis verzeichnet Leisel weiter steigende Einwohnerzahlen. „Seit 1985 lag das Plus bei etwa 7 Prozent“, berichtet Schüssler.

Neben den Kosten für das Neubaugebiet enthält der Etat auch für 2017 einen Ansatz von 40 000 Euro, der für die Sanierung des alten Stierstalls gedacht ist. Das Gebäude mit dem Glockenturm ist „eine Art Wahrzeichen von Leisel“, so Schüssler, und wird von der Kommune zum Unterstellen von Geräten und als Werkstatt für den Gemeindearbeiter genutzt. Es weist aber Schäden, zum Beispiel Risse, auf, die behoben werden müssen.

Vier neue Wanderwege

In den nächsten Wochen werden zudem noch zwei weitere Vorhaben verwirklicht, die finanziell für die Gemeinde ein „Nullsummenspiel“ sind, wie es Schüssler formuliert. Im September ist die Eröffnung der „FanVier“ gedacht. Dabei handelt es sich um vier Rundwanderwege, deren Strecken durch den Ort und an dessen Peripherie verlaufen. Es wurden dabei bestehende Forst- und Feldwirtschaftswege genutzt. Die Kosten für die Beschilderung haben ortsansässige Firmen als Sponsoren übernommen.

Am Rand des Orts wird zudem noch eine Streuobstwiese mit 40 Bäumen angelegt. Dabei profitiert Leisel von der Lage im Nationalpark. Denn das Mainzer Umweltministerium wird die veranschlagten Kosten von 33 000 Euro komplett übernehmen. Das Geld stammt aus Ersatzmitteln, die das Land erhalten hat. Es sind also Zahlungen von anderen Gemeinden oder Privatinvestoren, die für Projekte wie den Bau von Gewerbegebieten oder Windrädern frühere Wiesen asphaltiert oder Bäume gerodet hatten, ohne für diesen Eingriff in die Ökologie an anderer Stelle Ausgleichsflächen anbieten zu können.

Apropos Windkraft: In ihrem Etatplan für 2016/2017 rechnet die Gemeinde Leisel nicht mit Pachteinnahmen. „Wir haben bewusst darauf verzichtet, weil es keinen Sinn hat, mit virtuellen Geldern zu spielen“, sagt Schüssler. Zwar sollen zwei der insgesamt acht Räder des gemeinsam mit Siesbach geplanten Windparks auf Leiseler Gemarkung errichtet werden, doch das Genehmigungsverfahren dafür dauert nach wie vor mit offenem Ausgang an. Sollte es grünes Licht für den Bau der beiden Anlagen geben, würden jährlich 70 000 Euro mehr in die Leiseler Gemeindekasse fließen. Schüssler weist aber darauf hin, „dass wir es auch ohne die Windkrafteinnahmen geschafft haben, einen fast ausgeglichenen Haushalt mit einem nur geringen Defizit hinzubekommen“. So liegt der voraussichtliche Fehlbetrag im Ergebnishaushalt 2016 bei 18 200 Euro, 2017 sollen es 6000 Euro sein. Insofern sehe er der Entscheidung der Kreisverwaltung, die die Genehmigungsbehörde ist, auch gelassen entgegen. „Das macht mir keine Magengeschwüre. Meine persönliche Sicht lautet: Wenn die Anlagen etabliert werden dürfen, ist es gut. Wenn nicht, ist es auch gut.“

Nahe Zeitung vom Montag, 22. August 2016, Axel Munsteiner