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Leisel präsentierte sich der Wettbewerbs-Jury

Der Mensch prägt das Dorf - Nahe Zeitung vom Freitag, 7. Mai 2010, Seite 24

Leisel präsentierte sich der Wettbewerbs-Jury

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Vier der zwölf Dörfer, die sich in den beiden vergangenen Jahren beim Landesentscheid ganz vorne platzierten, dürfen Rheinland-Pfalz im Herbst beim bundesweiten Finale des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ vertreten. Wer es sein wird, entschied sich auch in dieser Woche in Leisel.

LEISEL. Aufmunternde Worte gab’s aus allen fünf Fachrichtungen: Ausschließlich Lob für das Gesehene hatte das Jurorenquintett unter der Leitung von Franz Kattler, Referatsleiter im Mainzer Innenministerium, nach zwei Stunden Dorfbesichtigung in Leisel – wir berichteten bereits – parat.

„Charakter“ zeige sich überall im Ort, attestierte Stadtplaner Klaus Meckler dem Dorf und seinen knapp 600 Einwohnern. Erfreut äußerte er sich insbesondere über die Vielzahl der angesiedelten Betriebe; die hielten Leisel attraktiv für junge Menschen. Regionalberaterin Nathalie Franzen waren auf der Suche nach sozialen und kulturellen Aktivitäten „die vielen tollen Sachen aufgefallen, die die Leiseler hinbekamen, ohne den Gemeindeetat zu belasten“. Der wunderbare Ortskern sei fast schon ein Denkmal, schwärmte Architektin Rosa Vollrath, Fachjurorin für Baugestaltung und -entwicklung, in ihrem ersten Fazit. Breite Durchgrünung, viele schöne Hausgärten und einen beeindruckenden Friedhof hatte Expertin Silke Wiedrig auf ihrem Wertungsbogen notiert. Mit der naturnahen und nachhaltigen Bewirtschaftung von rund 300 Hektar Gemeindewald konnte Leisel schließlich bei Dr. Dieter Rühl punkten, der sein Augenmerk aufs „Dorf in der Landschaft“ gelegt hatte.

Der frühere Gemeindeförster Karl-Wilhelm Schülke und Altbürgermeister Karl-Heinz Bittig hatten den Juror aus dem Landesumweltamt fast 30 Kilometer durch Leiseler Gemarkung chauffiert – und ihn dabei förmlich mit Infos zugeschüttet. Über derart persönliche Betreuung durch Ratsmitglieder und Ortskenner durften sich aber auch alle anderen Mitglieder der Bewertungskommission freuen; wohl selten hat ein Dorfwettbewerb hierzulande so viele Bürger mobilisiert wie an diesem Mittwochnachmittag in Leisel – vom „Vorzeige-Opa“ bei der Vorstellung der Gemeinde bis hin zu den Kaffee kochenden Dorffrauen bei der Nachbesprechung in der Vereinshalle waren wohl an die Hundert unterwegs.

„Über die Menschen Dinge voranzubringen“, hatte Ortsbürgermeister Wolfgang Schüssler bei der Begrüßung der Jurymitglieder das Leiseler Konzept, das er und Altbürgermeister Bittig jüngst sogar bei der Vorstellung der rheinland-pfälzischen Dorferneuerungsgemeinden erläutern durften, umschrieben. Statistisches beschränkte sich auf einen Satz: „589 Einwohner, 300 Hektar Wald – Natur, Luft, Wasser und Leute mit Ideen haben wir genug, aber kein Geld!“ Menschen präsentierten das Dorf: Der 19-jährige Rene Dietrich berichtete beispielsweise von einer Kindheit ohne richtigen Spielplatz. Bianca Groß, mehrfache Mutter, zitierte ein afrikanisches Sprichwort („Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“) und versicherte, dass sie ihren Nachwuchs in Leisel stets gut aufgehoben wisse. Rentner Werner Färber, der vor fast fünf Jahrzenten ein Mädchen aus dem Dorf zur Frau nahm, erinnerte an den Anschub, den seinerzeit der Ausbau der Hauptstraße und der Kanalisation gab. Und machte die Juroren neugierig auf aktuelle Projekte wie den Mehr-Generationen-Weg am Ufer des Dorfbaches.

„Wir kommen gerne wieder!“ Ob Leisel eine Chance aufs Bundesfinale hat, ließ Jury-Chef Franz Kattler beim Abschied dahingestellt. Unter 516 Teilnehmern in den beiden vergangenen Jahren zu den zwölf Besten zu zählen, sei bereits ein gutes Ergebnis, klang’s fast schon tröstend. Die Leiseler aber bleiben weiter optimistisch. (kpm)

Nahe Zeitung vom Freitag, 7. Mai 2010, Seite 24